Vom Marchbach in Oberwil bis zum Pazifik nach Hawaii

Die folgenden Zeilen haben wir von Frau Andrea Hajmer (Oberwil), Umweltpsycho login, erhalten.

Stellen Sie sich vor: Eine Zersetzungsdauer von 100 bis 1000 Jahren für eine PET-Flasche oder eine Plastiktüte, 10 bis 100 Jahre für Aludosen und bis zu 4000 Jahre für Glasabfälle. Oder eine schwimmende Suppe aus Plastikmüll – alles Gegenstände aus dem Alltagsgebrauch – mitten im pazifischen Ozean, nordwestlich von Hawaii. Und dies auf einer Fläche, welche fast 40- mal so gross wie die Schweiz ist. Sind das nicht schwindelerregende Zahlen?

Ob nun im weiten Pazifik oder bei unserem Oberwiler Marchbach – die Abfallentsorgung in der Natur ist leider (noch) Realität und ohne Zweifel eine Bedrohung für Mensch und Tier. Aber … denkt man denn an solche Zahlen und Fakten, wenn man sich «ganz sorglos» seines Abfalls am nächsten Bachufer entledigt? Spätestens ab heute ist eine solche Handlung mindestens einen Gedanken wert – denn jeder kann etwas für unsere Umwelt tun!

Was im Marchbach beginnt, endet im Pazifischen Ozean. Foto: zVg (Hajmer)

So wie die fleissigen Putzer der Männerriege des Turnvereins Bottmingen, welche sich freiwillig jedes Jahr zur «Bachputzete» besammeln, um das Bachbett und die Uferböschung von dem unliebsam entsorgten Unrat zu befreien. Um die Gefahren des Abfalls für die Natur und für sich selbst wissen sie gut Bescheid.

Doch warum sollte man denn nun seinen Abfall gewissenhaft entsorgen, wenn doch der Bach jährlich wieder «rausgeputzt» wird? Das Augenscheinliche liegt auf der Hand – weil die Natur verunstaltet wird. Wenn dies nur die einzige Auswirkung wäre; doch der Kreislauf geht weiter:

Es heisst, alles, was ins Wasser gelange, ende im Meer. Betrachten wir also die schwimmende Plastiksuppe im Pazifik. Das erste Mal wurde sie 1997 von einem Kapitän namens Charles Moore beschrieben. Während einer Segelregatta entdeckte er den «neuen Kontinent», heute als «Garbage Patch» bekannt. Ein Sammelsurium aus Plastikmüll, Taschen, Flaschen, Deckel, Waschmittelkanister, form – und farbenfrohe Bruchstücke und Überbleibsel des tödlichen Stoffes. Laut Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) treiben pro Quadratkilometer Meer durchschnittlich 18000 sichtbare Plastikteile im Ozean. 80 Prozent der Plastikabfälle stammen vom Land, wo sie weggeschwemmt respektive weggeweht und direkt, via Bäche und Flüsse oder Abwasserkanäle, ins Meer transportiert werden.

Die Meeresbewohner sind die Leidtragenden. Vögel, Fische oder Wale können oft nicht zwischen Nahrung und Plastik unterscheiden und nehmen die unverdaulichen Materialien in ihren Speiseplan auf.

Die Folge ist der Tod vieler Tiere durch Verhungem mit vollem Magen. Dort findet man nämlich Einkaufstüten, Puppen, Wegwerfbesteck, Taschenkämme – die Plastikteile blockieren die Verdauung der Tiere oder verletzen mit den scharfen Kanten ihre Verdauungsorgane.

Heute weiss man, dass Plastik sich nicht einfach zersetzt, sondern sich zu Kleinstpartikeln, sogenannten «Microplastics», zermahlt. Die Microplastics werden vom Plankton aufgenommen, welche den Kleinstlebewesen und Fischen als Nahrung dienen. Mit jeder zusätzlichen Nahrungsstufe reichern sich diese Giftstoffe in der Nahrungskette an – bis sie bei uns auf dem Teller landen. Für unser Auge unsichtbar, sind Microplastics wohl doch eine der grössten Bedrohungen für uns Menschen – denn sie vergiften unsere Meere und unsere Nahrungsgrundlage.

Diese Chronik braucht nicht kommentiert zu werden. Wir verweisen auf den Folgeartikel im redaktionellen Teil Oberwil (Seite 7).

Georges Küng
BiBo – Nr. 15, 15. April 2010